Kortison richtig anwenden bei Babys und Kindern


Kortison-Präparate werden immer wieder falsch angewandt. Erfahre, nach welchem Schema du Kortison richtig bei deinem Kind anwendest und welche Risiken damit verbunden sind.

1 Der Wirkstoff Kortison erklärt

Als 1948 erstmals Kortison zur Behandlung von Rheuma eingesetzt wurde, war dies ein Meilenstein der Medizingeschichte. Die Forschung hatte einen Wirkstoff gegen schwere Entzündungen gefunden.

Wenn wir umgangssprachlich das Wort Kortison benutzen, meinen wir damit eigentlich die Gruppe der Glucocorticoide. Zu ihr gehören verschiedene Wirkstoffe, wie z. B. Prednisolon, Betamethason oder Hydrocortison. Sie alle sind künstliche Nachbildungen des körpereigenen Kortisons, welches eine Vorstufe des Hormons Kortisol darstellt. Dieses wird in der Nebennierenrinde gebildet, tageszeitenabhängig ausgeschüttet und ist als „Stresshormon“ bekannt. Es macht uns belastbar, regelt u. a. unseren Fettstoffwechsel, steuert unseren Schlaf und wirkt entzündungshemmend.

Diesen entzündungshemmenden Effekt nutzen die Kortison-Medikamente. Werden sie, z. B. in Form von Salben aufgetragen, wird die Immunreaktion der Haut lokal unterdrückt und Entzündungsreaktionen werden unterbrochen. Ekzeme oder allergische Reaktionen bessern sich sehr schnell bis hin zu ihrem Verschwinden.

2 Die (unbegründete) Angst vor Nebenwirkungen von Kortison

Kortison-Präparate haben ein breites Einsatzspektrum und können Leben retten. Dennoch haben sie in der öffentlichen Wahrnehmung eher einen schlechten Ruf. Dies hängt mit den zum Teil starken Nebenwirkungen zusammen. Diese treten vor allem bei längerfristiger, hochdosierter und innerlicher Anwendung auf. Die Präparate wirken dann auf den Stoffwechsel ein und zeigen neben der gewünschten Entzündungshemmung auch viele unerwünschte Effekte, wie z. B. Bluthochdruck, ein verstärktes Hungergefühl, Muskelschwäche, Wassereinlagerungen oder körperliche Veränderungen wie die Ausbildung des sog. Mondgesichtes oder Stiernackens.

In der Therapie von Neurodermitis wird Kortison im Regelfall äußerlich, also als Wirkstoff in Salben oder Lotionen aufgebracht. Dabei stehen insgesamt 4 Wirkstoffstärkeklassen zur Verfügung:

  • Klasse I – schwach wirksam 
  • Klasse II – mittelstark wirksam 
  • Klasse III – stark wirksam 
  • Klasse IV – sehr stark wirksam 


Häufig verschreiben der Kinderarzt oder Dermatologe ein Präparat der Stufen II oder III, wie z. B. Advantan® zur Anwendung über einen begrenzten Zeitraum von wenigen Wochen.

Vom Arzt verordnete Kortison-Präparate zur äußerlichen Anwendung sind bei ordnungsgemäßer Verwendung sehr sicher. Diese Produkte wirken nur lokal und treten nicht in den Blutkreislauf ein. Die oben beschriebenen Nebenwirkungen sind nicht zu befürchten.

Werden die Produkte nicht korrekt angewendet, können jedoch ebenfalls zum Teil schwere Nebenwirkungen auftreten. Zu diesen zählen vor allem:
 

  • Rückfalle bzw. akute Neurodermitis-Schübe nach plötzlichem Absetzen der Behandlung 
  • Auftreten eines topischen Steroidentzugs (akute Entzündungssymptome der Haut bei Absetzen des Medikaments nach längerer Anwendung) 
  • irreversible Veränderungen der Haut (Dehnungsstreifen, Pergamenthaut) 


Das Risko für das Auftreten von Nebenwirkungen steigt in Abhängigkeit von folgenden Faktoren:

  • Dauer der Anwendung 
  • Wirkstoffstärkeklasse 
  • betroffenes Hautareal (je dünner die Haut, z. B. im Gesicht oder im Genitalbereich, umso empfindlicher) 


3 Anwendungsschema für den lokalen Gebrauch von Kortison bei Neurodermitis

Für eine gute Wirksamkeit und um das Risiko beim Einsatz von Salben, Cremes oder Lotionen mit Kortison gering zu halten, sollten Eltern folgende unbedingt folgende Grundregeln beachten:

  1. Kortison ist ein Notfall-Medikament und nicht für den dauerhaften Gebrauch bestimmt. 
  2. Es werden nur betroffene Hautareale behandelt, nicht der gesamte Körper. 
  3. Nach dem Auftragen Hände waschen, um einen versehentlichen Eintrag in die Augen oder auf andere Hautareale auszuschließen. 
  4. Einmal begonnen, sollte eine tägliche Anwendung so lange erfolgen, bis die betroffenen Hautareale abgeheilt sind (ca. 7-10 Tage). 
  5. Dann gilt es, sich die betroffenen Bereiche gut zu merken und die Anwendung mit Geduld auszuschleichen. D. h. die Abstände zwischen den Anwendungen werden Stück für Stück vergrößert. Solange vom Arzt kein anderes Vorgehen verordnet wurde, gilt: in der 1. Woche täglich, (frühestens) in der 2. Woche jeden 2. Tag, in der 3. Woche jeden 3. Tag und in der 4. Woche jeden 4. Tag. 

 

3 Chancen und Grenzen der Kortison-Anwendung bei Neurodermitis

Selbst schwere Schübe von Neurodermitis können auch ohne den Einsatz von Kortison behandelt werden. Dazu sind vertiefte Kenntnisse der lokaltherapeuthischen Möglichkeiten (juckreizstillende, antiinfektiöse und antientzündliche Wirkstoffe) sowie ein angemessener zeitlicher Rahmen für sich regelmäßig wiederholende Maßnahmen (Waschungen, Verbände wechseln, Eincremen etc.) erforderlich.

Im Familienalltag, der geprägt ist durch vorgegebene Abläufe von Kindergarten, Schule oder Beruf, können dies viele Eltern jedoch verständlicherweise nicht leisten.

In diesen Fällen sind kortisonhaltige Präparate ein sinnvolles Mittel, um stark unter Neurodermitis leidenden Babys und Kindern vorübergehend zu einer Verbesserung der Ekzeme, einer Abnahme des Juckreizes und einem erholsameren Schlaf verhelfen kann. Eltern sollten diese Möglichkeit ihren Kindern gegenüber daher nicht grundsätzlich aus übertriebener Vorsicht bzw. unbegründeten Ängsten heraus verwehren.

Eltern sollten sich bei Einsatz des Medikaments immer bewusst sein, dass Kortison die Neurodermitis nicht heilen kann, sondern lediglich deren Symptome unterdrückt. Die eigentlichen Ursachen der Erkrankungen werden dadurch weder gefunden noch gelöst. Dies ist jedoch erforderlich, um eine nachhaltige Besserung des Hautzustandes auch ohne unterdrückende Maßnahmen erzielen zu können. Ebenfalls führt der Einsatz von Kortison dazu, dass bestimmte Symptome verschleiert werden. Kommt es beispielsweise nach dem Verzehr bestimmter Lebensmittel zu Unverträglichkeitsreaktionen, die sich über eine Verschlechterung des Ekzems und/oder Juckreiz zeigen, ist das Erkennen dieser Zusammenhänge für die Eltern erschwert.
 

4 Wenn Kortison bei Neurodermitis nicht hilft

 Es gibt Fälle von Neurodermitis, bei denen trotz ordnungsgemäßer Anwendung das vom Arzt verordnete Kortison-Präparat nicht oder nur unzureichend wirkt. Die Ekzeme und der Juckreiz des Kindes bleiben bestehen bzw. schwächen sich nur geringfügig ab. Ein Ausschleichen des Präparates erscheint kaum möglich, da die Erkrankung sofort ungemindert wieder zum Vorschein kommt.

Sehen sich Eltern mit einem solchen Fall konfrontiert, sollte der behandelnde Arzt erneut konsultiert werden. Oft gibt es Triggerfaktoren, die noch unbekannte sind. Diesen ist das Kind dann regelmäßig ggf. sogar täglich unbewusst ausgesetzt. Sie verhindern ein Abklingen des Entzündungsgeschehens. Zu nennen sind vor allem Unverträglichkeitsreaktionen oder Allergien gegen Nahrungsmittel, aber auch aerogene Allergene (z. B. Hausstaubmilben, Schimmelpilzsporen, Tierhaare).

In diesen Fällen ist eine umfangreiche Allergie-Diagnostik und die Hinzuziehung eines Neurodermitis-Experten unabdingbar.

5 Fazit

Die Angst vieler Eltern vor dem Einsatz von Kortison ist unbegründet, wenn das Präparat korrekt gewählt ist und die Anwendung nach Schema sowie zeitlich befristet erfolgt.

Kortison kann Schmerzen und Leid der Kinder während akuter Neurodermitis-Schübe messbar mildern.

Kortison kann keine Neurodermitis heilen und ersetzt nicht die Suche nach den Ursachen der Erkrankung (z. B. familiärer Stress, Allergien, falsche Ernährung).


Deine Romy
nutrischlau Neurodermitis-Beratung

07.03.2024